Definition Pflegegrad 1
Einstufung in einen Pflegegrad
Antragstellung
Begutachtungsverfahren
Vorbereitung auf das Begutachtungsverfahren
Nach dem Begutachtungsverfahren
Widerspruch einlegen
Leistungen der Pflegekassen
Definition Pflegegrad 1
Der Pflegegrad 1 ist einer von fünf Pflegegraden. Die Pflegegrade wurden 2017 eingeführt und haben die davor geltenden drei Pflegestufen abgelöst.
Mit der Einstufung in den Pflegegrad 1 stehen Betroffenen unterschiedliche Leistungen der Pflegekasse zu, die helfen, die Pflegesituation zu bewältigen. In diesem Beitrag möchten wir Ihnen diese Leistungen näher erläutern und Ihnen aufzeigen, an welcher Stelle wir Sie unterstützen können.
Wird der Pflegegrad 1 festgestellt, ist die betreffende Person in ihrer Selbstständigkeit und ihren Fähigkeiten gering beeinträchtigt.
Zu Zeiten der Pflegestufen wären Personen mit Pflegegrad 1 nicht in eine Pflegestufe eingestuft worden und hätten keinerlei Leistungen der Pflegekasse beziehen können.
Da es aber viele Menschen gibt, die zwar wenig Pflegebedarf, dennoch aber Unterstützungs- und Betreuungsbedarf im Alltag haben, hat der Gesetzgeber mit dem Pflegegrad 1 Leistungsansprüche für diese Personengruppe ermöglicht.
Einstufung in einen Pflegegrad
Die Einstufung in einen Pflegegrad ist der erste und wichtigste Schritt nach dem Eintritt einer Pflegebedürftigkeit. Sie ist Voraussetzung, damit Sie Leistungen der Kasse in Anspruch nehmen können bzw. die Pflegeversicherungen Kosten für die Pflege/Betreuung übernehmen. Die Einstufung in einen Pflegegrad wird im Rahmen eines Begutachtungsverfahrens durch den Medizinischen Dienst (MD) oder bei privat Versicherten durch Medicproof vorgenommen. Um ein solches Begutachtungsverfahren einzuleiten, müssen Sie bei der Pflegekasse einen Antrag stellen.
Antragstellung
Die Antragstellung für die Einstufung der Pflegebedürftigkeit kann formlos erfolgen oder es kann ein entsprechendes Formular durch einen Anruf bei Ihrer Pflegekasse (erreichbar über Ihre Krankenversicherung) angefordert werden. Dieses schicken Sie ausgefüllt und unterschrieben an die Pflegeversicherung. Wenn Sie den Antrag formlos stellen, wird Ihnen das hauseigene Formular Ihrer Pflegeversicherung zwar dennoch zum Ausfüllen zugesandt, doch Sie haben durch den formlosen Antrag den rechtzeitigen Eingang des Antrags bereits gesichert und die Leistungen werden dann rückwirkend ab Eingang des formlosen Antrags übernommen.
Begutachtungsverfahren
Im Rahmen des Begutachtungsverfahrens stellt der Medizinische Dienst oder bei privat Versicherten Medicproof die Pflegebedürftigkeit fest und nimmt die Einstufung in einen Pflegegrad vor. Der MD/Medicproof schickt Ihnen zur Begutachtung einen Fachmann oder eine Fachfrau (Arzt/Ärztin, Pflegefachkraft). Diese Fachkraft prüft bei ihrem Besuch, wie selbstständig eine Person in verschiedenen Aktivitätsbereichen (sogenannten Modulen) ist bzw. welche Beeinträchtigung der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten vorliegt und ob personelle Hilfe notwendig ist.
Für jedes der Module werden dabei Punkte vergeben und die Bewertung der einzelnen Module wird dann prozentual bei der Einstufung in einen der fünf Pflegegrade berücksichtigt. Dies haben wir in der folgenden Grafik für Sie dargestellt.
Vorbereitung auf das Begutachtungsverfahren
Es empfehlt sich, schon vor dem Besuch des MD ein „Selbstständigkeitsmeter“ zu erstellen, mit dem erfasst wird, in welchen Bereichen die Selbstständigkeit der betreffenden Person beeinträchtigt ist und wo sie gegebenenfalls auf Hilfe angewiesen ist.
Mithilfe eines solchen „Selbstständigkeitsmeters“ können Sie bereits vor dem MD-Besuch prüfen, ob bestimmte Voraussetzungen für die Einstufung in einen Pflegegrad gegeben sind, und Sie können damit Ihre eigene Einschätzung gegenüber dem MD darlegen.
Tipp:
Sie können ein Selbstständigkeitsmeter ganz einfach und kostenlos online erstellen auf www.pflegegrad-berechnen.de. Die Ergebnisse können Sie ausdrucken und für das Begutachtungsverfahren nutzen.
Nach dem Begutachtungsverfahren
Der Prüfer sendet sein Gutachten mit einer Empfehlung für die Einstufung in einen Pflegegrad an Ihre Pflegeversicherung. Vom Gutachten bis zum Bescheid kann es in der Regel bis zu fünf Wochen (25 Arbeitstage) dauern. In der Zeit gibt der Gesetzgeber den Pflegekassen vor, über den Antrag zu entscheiden (Absatz 3a in § 13 fest). Die Nachricht mit dem Ergebnis sowie eine Kopie des Gutachtens erhalten Sie dann von Ihrer Pflegeversicherung.
Widerspruch einlegen
Wenn Sie mit dem Bescheid über die Pflegeeinstufung nicht einverstanden sind, können Sie Widerspruch einlegen. Im Bescheid der Pflegekasse wird eine Widerspruchsfrist genannt, die unbedingt einzuhalten ist. Sie müssen in Ihrem Widerspruch Unzulänglichkeiten in den Bewertungen des MD nachweisen und den eigentlichen Hilfebedarf auf Grundlage der Begutachtungsrichtlinien darstellen.
Nehmen Sie also das MD-Gutachten als Grundlage und stellen Sie den Angaben des MD Ihre eigene Einschätzung über die Einschränkung der Selbstständigkeit z.B. mithilfe eines „Selbstständigkeitsmeters“ oder Pflegetagebuchs gegenüber: wann und warum wird wie viel Hilfe gebraucht?
Der Widerspruch ist direkt an die jeweilige Pflegekasse zu senden, die zunächst auch darüber entscheidet. Die Pflegekasse wird aufgrund Ihres Widerspruchs Kontakt zu Ihnen aufnehmen und gegebenenfalls einen neuen Begutachtungstermin mit Ihnen vereinbaren.
Tipp:
Sie können ein Selbstständigkeitsmeter ganz einfach und kostenlos online erstellen auf www.pflegegrad-berechnen.de. Die Ergebnisse können Sie ausdrucken und für Ihren Widerspruch nutzen.
Leistungen der Pflegekassen
Wenn Sie in einen Pflegegrad eingestuft sind, können Sie Leistungen der Pflegekasse in Anspruch nehmen. Da Pflegebedürftige im Pflegegrad 1 nur einen geringe Beeinträchtigung der Selbstständigkeit und Fähigkeiten aufweisen, fallen die Leistungen der Pflegkassen deutlich geringer aus als in den anderen vier Pflegegraden.
Entlastungsbetrag
Pflegebedürftige in Pflegegrad 1 haben Anspruch auf den Entlastungsbetrag von monatlich 125 Euro, welcher für diverse Leistungenangebote eingesetzt werden kann.
Der Einsatz ist möglich für:
- Leistungen eines Pflegedienstes (Pflege, Hilfe bei der Haushaltsführung, Betreuungsmaßnahmen)
- Anerkannte Angebote zur Unterstützung im Alltag (z.B. ehrenamtliche Helfer)
- Tages- und Nachtpflege
- Kurzzeitpflege
Leistungen | PG 1 |
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Entlastungsbetrag nach § 45 b SGB XI | 125 € |
Kurzzeitpflege
Die Kurzzeitpflege dient der Entlastung pflegender Angehöriger, wenn Sie die Pflege durch Krankheit, Urlaub oder seelische Überlastung vorübergehend nicht übernehmen können. Kurzzeitpflege bietet die Möglichkeit, Pflegebedürftige für einen begrenzten Zeitraum in einer vollstationären Einrichtung zu versorgen.
Der Entlastungsbetrag von 125 Euro kann für die Kurzzeitpflege genutzt werden, jedoch kostet ein durchschnittlicher Kurzzeitpflegetag zwischen 80 € bis 120 €. Demnach wäre das Budget nach einem Tag aufgebraucht.
Hinweis:
Allerdings besteht bei Pflegegrad 1 in Einzelfällen die Möglichkeit, eine Kurzzeitpflege von den Krankenkassen im Rahmen der Überleitungspflege nach §37 Abs. 1a SGB XI und nach § 39c SGB V finanzieren zu lassen, wenn nach einem Krankenhausaufenthalt noch vorübergehend Bedarf an professioneller Pflege besteht.
Tagespflege
Die teilstationäre Pflege (Tages- oder Nachtpflege) ist eine Kombination aus stationärer Pflege und (ambulanter) Betreuung zu Hause. Der endgültige Umzug in eine Einrichtung wird so verhindert, zugleich aber professionelle Pflege zu gewünschten Zeiten (tagsüber oder nachts) sichergestellt. Pflegende Angehörige können auf diese Weise von der Pflege entlastet werden, ohne sie vollständig abgeben zu müssen. In der Tagespflege z. B. verbringen die Pflege- bedürftigen bis zu 8 Stunden täglich in einer Tagespflegeeinrichtung (meist Montag bis Freitag von 8 bis 16 Uhr). Morgens werden sie zu Hause von einem Fahrdienst abgeholt und nachmittags wieder zurückgebracht. Vor und nach der Tagespflege werden die Pflegebedürftigen von Angehörigen und/oder einem Pflegedienst versorgt.
Im Pflegegrad 1 haben Sie keinen Anspruch auf Leistungen für die teilstationäre Pflege, Sie können allerdings den Entlastungsbetrag von 125 Euro monatlich dafür einsetzen.
Leistungen zur Wohnraumanpassung
Auf Antrag kann die Pflegekasse einen Zuschuss zur Wohnraumanpassung gewähren, wenn dadurch die Pflege oder die selbstständige Lebensführung der Pflegebedürftigen möglich oder erleichtert wird. In der Regel prüft der MD die Notwendigkeit der Leistungen. Die Höhe des Zuschusses hängt von den Gesamtkosten der Wohnraumanpassung ab. Pro Maßnahme darf der Betrag 4000 Euro nicht übersteigen. Maßnahmen zur Wohnungsanpassung können z.B. Ein- und Umbau von Mobiliar, eine Türverbreiterung, der Einbau einer Dusche oder eines Treppenlifts sein.
Leistungen | PG 1 |
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Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung des Wohnumfelds nach § 40 SGB XI | 4.000 € |
Leistungen für Pflegehilfsmittel
Die Pflegekasse kommt ebenfalls für Pflegeverbrauchsmittel wie Einmalhandschuhe und Desinfektionsmittel auf. Versicherten stehen Pflegebedürftigen in Pflegegrad 2 monatlich 40 Euro für Pflegeverbrauchsmittel zur Verfügung.
Auch technische Pflegehilfsmittel wie Pflegebetten oder Hausnotrufgeräte können bei der Pflegekasse beantragt werden. Sie werden von der Pflegekasse verliehen oder anteilig mitfinanziert.
Leistungen | PG 1 |
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Versorgung mit Pflegehilfsmitteln nach § 40 SGB XI | 40 € |
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Beratung
Für Pflegebedürftige
Alle Pflegebedürftigen haben Anspruch auf eine individuelle Pflegeberatung durch anerkannte Pflegeberater/-innen. Die Pflegekassen müssen hierfür feste Ansprechpartner/-innen benennen. Ebenso können Sie natürlich örtliche Beratungsstellen wie z.B. Pflegestützpunkte aufsuchen. Pflegeberatung ist für Sie kostenfrei, da die Anbieter Ihre Leistung direkt mir Ihrer Pflegekasse abrechnen können.
Für pflegende Angehörige
Pflegende Angehörige haben einen eigenen Anspruch auf kostenfreie individuelle Pflegeberatung. Ihnen stehen außerdem Pflegekurse/-Schulungen zu, in denen neben Beratung auch praktische Anleitungen angeboten werden. Auf Wunsch können die Pflegekurse in der häuslichen Umgebung der pflegebedürftigen Person durchgeführt werden. Ihre Pflegekasse ist verpflichtet, diese Angebote vorzuhalten. Viele Pflegedienste bieten ebenfalls die genannten Schulungen für pflegende Angehörige an und rechnen diese direkt mit der Kasse ab.
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