Indikation
Freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) dürfen weder von Angehörigen und Freunden angewandt werden noch von Menschen, die zur Pflege und Betreuung eingesetzt werden (Pflegekräfte). Auch auf Verlangen der Angehörigen dürfen Pflegende keine FEM bei Kunden anwenden. Selbst der Wunsch, beim Weggehen die Wohnungstür abzuschließen, damit die Betreuungsbedürftigen nicht eigenmächtig die Wohnung verlassen können und eventuell nicht mehr zurückfinden, ist nicht rechtmäßig, da es sich um FEM handelt. Wer einen Menschen einsperrt oder auf andere Weise der Freiheit beraubt, kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren Gefängnis oder einer Geldbuße bestraft werden.
Ausnahmen „wenn sie nur so lange angewandt werden, wie akute Gefahr für Leib und Leben besteht, und nur angemessene Mittel eingesetzt werden“, bei denen FEM unter bestimmten Voraussetzungen zur Anwendung kommen können:
- wenn ein richterlicher Beschluss darüber vorliegt z.B. weil eine Person eine Gefahr für sich und andere darstellt,
- mit schriftlicher Einwilligung des Patienten (wenn ein geschäftsfähiger Betroffener selbst zu seinem Schutz einwilligt),
- Ausschließlich im Notfall sind FEM ohne Genehmigungsverfahren erlaubt
Die Anwendung von FEM muss ständig überwacht und dokumentiert werden.
Sich frei bewegen zu dürfen, ist das Recht eines jeden Menschen und ist im Bürgerlichem Gesetzbuch als Grundrecht der Fortbewegungsfreiheit (§ 1906 ) verankert. Dieses Recht durch freiheitsentziehende Maßnahmen (FEM) einzuschränken, ist nicht nur unrecht, sondern wird als eine besondere Form von Gewalt eingestuft. Oft sind denen, die FEM anwenden, weder das unrechte Handeln noch evtl. daraus resultierende Folgen bewusst. FEM werden häufig sogar mit guten Absichten angewandt, z. B. um Stürze zu verhindern.
Beispiele für freiheitsentziehende Maßnahmen sind:
- das Anbringen von Bettgittern/Bettseitenteilen,
- das Verwenden von Stühlen mit Tischvorrichtung,
- das Setzten einer Person in Möbel, aus denen sie ohne fremde Hilfe nicht hochkommt,
- das Wegnehmen von Rollatoren, Rollstühlen und anderen Geh- und Sehhilfen,
- die Gabe von Beruhigungsmitteln ohne medizinische Notwendigkeit,
- die Unterbringung in abgeschlossenen Zimmern,
- das Einschließen in der eigenen Wohnung,
- der Einsatz von Zwangsjacken,
- das Fixieren der Patienten mit Fixiergurten,
All diese Maßnahmen sind nicht zulässig!
Risiken und Alternativen
Die Risiken bei Anwendung von FEM könnten vielfältig sein wie z.B. Verletzungen wie blaue Flecken oder Abschürfungen der Haut, Druckgeschwüre und Knochenbrüche, aber auch psychische und emotionale Schäden wie Angst, Panik und Aggressionen.
Was könnten die Alternativen zu FEM sein?
Werden FEM angewandt, um Stürze zu vermeiden, so ist die Alternative, die Ursachen von Stürzen zu bekämpfen.
Folgend zeigen wir vier Sturzursachen und Möglichkeiten zu ihrer Bekämpfung auf.
1. Gangunsicherheiten
- Einsatz von Mobilitätshilfen wie Gehhilfen, Seh- bzw. Hörhilfen,
- Anbringen von stabilen Haltemöglichkeiten im Bad und Flur, stabiles Mobiliar,
- therapeutische Maßnahmen wie Krankengymnastik, Muskelaufbau, Gleichgewichtsübungen
2. Sturzbegünstigende Umgebung
- Beseitigen aller Stolperfallen wie Teppiche, Kabel
- Anpassen der Lichtverhältnisse in der Nacht (Nachtlampe, Bewegungsmelder)
- Kennzeichnung der Treppe und anderer Hindernisse
- Sitzmöbel mit Aufstehhilfe-Funktion
- Anbringen von geteilten Bettseitenteilen, die gleichzeitig Schutz und Ausstieg ermöglichen
- Niederflurbetten
3. Unruhe und Drang, sich zu bewegen:
- Beschäftigungsangebote,
- emotionale Zuwendung,
- Kommunikation
4. Eile, zur Toilette zu kommen (aus Angst, sich einzunässen)
- Einsatz von Inkontinenzhilfen
- Beckenbodentraining
Sollte es dennoch zu Stürzen kommen, können diese durch technische Hilfsmittel wie z.B. Sensor-Matten in oder vor dem Bett gemeldet werden, um Helfer zu alarmieren. Der Einsatz von Schutzprodukten wie Sturzhelm, Gelenkschutz, Hüftschutzprotektoren oder eine Matratze vor dem Bett können die Folgen von Stürzen evtl. verhindern oder abmildern.
Um andere Gefahrenquellen auszuschalten, gibt es diverse technische und nicht technische Hilfsmittel, wie z. B.:
- Rauchmelder, schwer entflammbare Textilien und Herdsicherungen als Brandschutz
- Notrufsysteme
- Infrarot- oder akustische Signale, die das Verlassen der Wohnung melden
- Zeitschaltuhren für Kaffeemaschinen, Bügeleisen etc.
- Sicherungen für Steckdosen
- Wasserflussregler, um Wasserschäden zu verhindern
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